Kurs halten. Zukunft gestalten.

Die Rede kann hier heruntergeladen werden: Haushaltsrede

Stellungnahme der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Gemeinderat Forst (Baden) zum Haushalt 2025

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Killinger,
sehr geehrte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung,
sehr geehrte Ratsfrauen und Ratsherren,
sehr geehrte Forster Bürgerinnen und Bürger,

sehr geehrte Frau Csiky von der BNN,   

es gibt Reden, die man einfach so halten kann. Weil sie Routine sind, weil man schon oft etwas Ähnliches gesagt hat, weil sie sich in Zahlen, Tabellen und Prognosen erschöpfen. Die Haushaltsrede ist keine dieser Reden.

Denn ein Haushalt ist nicht nur eine Ansammlung von Zahlen. Ein Haushalt ist eine Entscheidung über unsere Zukunft. Er zeigt, was wir uns leisten wollen, was wir uns leisten können – und wo unsere Prioritäten liegen. Er erzählt davon, was uns wichtig ist. Und auch davon, was uns schwerfällt.

Deshalb geht es heute nicht nur um Einnahmen und Ausgaben. Es geht darum, wohin wir als Gemeinde steuern – und ob wir den Mut haben, diesen Kurs zu halten.

Die Verwaltung stärken – gemeinsam Herausforderungen meistern

Es geht aber auch um die Menschen, die das alles umsetzen sollen. Denn was hier im Gemeinderat auf Papier beschlossen wird, wird von Menschen in unserer Verwaltung in die Tat umgesetzt.

An dieser Stelle möchte ich Danke sagen. Danke an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Verwaltung, die diesen Haushalt zum Leben erwecken. Besonderer Dank gilt unserem Rechnungsamtsleiter Michael Veith und seinem Team, die in den letzten Wochen intensiv und mit großem Engagement an diesem Haushalt gearbeitet haben. Sie alle sehen sich mit steigenden Aufgaben und knapperen Ressourcen konfrontiert, müssen neue Gesetze umsetzen, Fördermittel beantragen, Bauprojekte betreuen und Bürgeranfragen beantworten – und oft bleibt das Gefühl, dass die To-Do-Liste schneller wächst, als sie abzuarbeiten ist.

Was hilft es uns, wenn wir ambitionierte Ziele formulieren, Beschlüsse treffen und Erwartungen wecken, wenn die Verwaltung mangels ausreichender Ressourcen nicht in der Lage sein wird, diese umzusetzen?

Es ist an der Zeit, dass wir ehrlich Prioritäten setzen, Aufgaben klar definieren und realistische Ziele verfolgen. Nur wenn wir uns gemeinsam auf das Wesentliche konzentrieren und unsere Verwaltung gezielt unterstützen, können wir sicherstellen, dass unsere Vorhaben erfolgreich umgesetzt werden.

Deshalb müssen wir endlich klar priorisieren.

Die Haushaltsstrukturkommission, die wir noch bis vor 2 Jahren hatten, war ein erster Schritt – ist aber versandet. Jetzt müssen wir sie wiederbeleben. Weniger Klein-Klein, mehr Fokus auf das Wesentliche.

Wir können als Gemeinderat vieles beschließen – aber wir sollten uns immer fragen: Können wir es auch leisten? Und wer soll es leisten?

Die Haushaltslage: Zahlen und Realität

Der Haushalt 2025 zeigt erneut eine schwierige Lage. Unser Ergebnishaushalt ist nicht ausgeglichen, wir verzeichnen einen Liquiditätsabfluss und können somit nicht einmal unsere ordentlichen Kredite vollständig tilgen. Auch die zu geringen Auflösungen und Abschreibungen im Ergebnishaushalt bereiten uns Sorge. Wir haben ein Ausgabenproblem – doch wir müssen auch offen über unsere Einnahmenseite sprechen. Unsere Grundsteuer haben wir bereits aufkommensneutral angepasst. Dennoch sehen wir weitere Möglichkeiten, die Einnahmesituation der Gemeinde zu verbessern. Ein Beispiel ist die Vergnügungssteuer, deren Einführung wir seit 2020 regelmäßig in diesem Gremium beantragen. Auch weitere Einnahmequellen sollten wir prüfen, um die finanzielle Handlungsfähigkeit der Gemeinde langfristig zu sichern. Wie in den vergangenen Jahren erwarten wir jedoch, dass das Haushaltsergebnis 2025 letztlich deutlich besser ausfallen wird als aktuell geplant.

Betrachten wir die Fakten. Der Haushalt 2025 steht unter Druck – nicht zuletzt durch erheblich gestiegene Abgaben an den Landkreis, die uns zusätzlich mit rund 630.000 Euro belasten:

  • Wir haben ein Defizit von 3,46 Millionen Euro im Ergebnishaushalt.
  • Die ordentlichen Erträge betragen 23,54 Millionen Euro, die Aufwendungen knapp 27 Millionen Euro.
  • Der laufende Zahlungsmittelbedarf liegt bei rund 2 Millionen Euro.
  • Unsere Investitionen betragen insgesamt 3,57 Millionen Euro.
  • Dafür nehmen wir Kredite in Höhe von 2,5 Millionen Euro auf.
  • Ende 2025 steigt unser Schuldenstand auf rund 4,2 Millionen Euro – die Pro-Kopf-Verschuldung liegt dann bei 519 Euro.
  • Unsere liquiden Mittel liegen derzeit bei rund 12 Millionen Euro. Diese Reserve bietet uns Handlungsspielräume, darf uns jedoch nicht zu falscher Sicherheit verleiten. Wir müssen diese Mittel klug und strategisch einsetzen, um nachhaltig zu wirtschaften und zu vermeiden, dass sie langfristig durch strukturelle Defizite aufgezehrt werden.
  • Die Personalkosten steigen um 410.500 Euro auf insgesamt 7,43 Millionen Euro. Zusätzlich schaffen wir neue Stellen in einem Umfang von 300.000 Euro.

Trotz der Schaffung neuer Stellen bleibt die Besetzung dieser Stellen herausfordernd. Dies führt dazu, dass Plan und tatsächliches Ergebnis bei den Personalkosten oft voneinander abweichen: Im Stellenplan sind die Positionen eingeplant, aber wenn sie unbesetzt bleiben, entstehen im laufenden Haushaltsjahr keine Personalkosten. Dadurch fällt das tatsächliche Ergebnis positiver aus als geplant.

Dennoch sind die Personalkosten insgesamt sehr hoch, weshalb dieses Thema eine zentrale Rolle in einer Haushaltsstrukturkommission spielen werden muss. Es ist wichtig, jede neue Stelle in einem Gesamtkontext zu betrachten. Unserem Eindruck nach erfolgt gerade hier noch keine ganzheitliche und strategische Betrachtung. Stattdessen beantragt jedes Amt eigenständig neue Stellen oder Stellenanteile, sobald eben kurzfristig Bedarf entsteht. Dies ist zwar nachvollziehbar, könnte dadurch aber zu einer ineffizienten Aufblähung der Personalkosten führen.

Ein Haushalt wie dieser zwingt uns zur Ehrlichkeit. Wir können nicht alles finanzieren. Wir müssen entscheiden, was wirklich zählt.

Klimaschutz: Keine Nebensache, sondern Daseinsvorsorge

Wenn wir über Prioritäten sprechen, dann kommen wir am Klimaschutz nicht vorbei – insbesondere, weil wir uns als Kommune und im Landkreis das Ziel gesetzt haben, bis 2035 klimaneutral zu sein. Das bedeutet, dass wir nur noch zehn Jahre Zeit haben. Als Gemeinderat bleiben uns genau zwei Legislaturperioden, um die richtigen Weichen zu stellen!

Klimaschutz ist kein abstraktes Ziel. Es geht um unsere Lebensgrundlage, um bezahlbare Energie und zukunftsfähige Infrastruktur. Die vergangenen Jahre haben gezeigt, dass Wetterextreme und Energiekrisen keine fernen Bedrohungen sind, sondern reale Herausforderungen, die uns direkt betreffen. Unser kommunales Handeln muss daher langfristig ausgerichtet sein, um Risiken zu minimieren und Chancen zu nutzen.

Deshalb investieren wir gezielt in diesem Jahr in u.a. diese Projekte:

  • 1,53 Millionen Euro in die energetische Sanierung des Gebiets Schwanenstraße für nachhaltige Stadtentwicklung und bessere Wohnqualität.
  • 100.000 Euro in den Ausbau des Nahwärmenetzes in der Bruchsaler Straße, um langfristig unabhängig von fossilen Energien zu werden.

Zudem setzen wir verstärkt auf erneuerbare Energien. Wir bauen sukzessive Photovoltaikanlagen auf kommunalen Dächern gemeinsam mit der Bürgerenergiegenossenschaft Kraichgau aus. Dies senkt nicht nur langfristig die Energiekosten der Gemeinde, sondern trägt aktiv zum Klimaschutz bei.

Infrastruktur: Investitionen in die Zukunft

Neben dem Klimaschutz müssen wir unsere Infrastruktur modernisieren. Infrastruktur bedeutet Lebensqualität und Wirtschaftskraft zugleich. Wenn wir Infrastruktur vernachlässigen – das sehen wir auch auf Bundesebene –, zahlen wir und nachfolgende Generationen teuer dafür.

 Hier investieren wir in diesem Jahr gezielt in u.a. folgende Maßnahmen:

  • Fast eine Million Euro fließen in schnelles Internet, mit einer hohen Förderquote von 855.000 Euro.
  • 100.000 Euro investieren wir in die Planung unserer Ganztagsgrundschule, um Bildungschancen zu verbessern und Familien zu entlasten. Im mittelfristigen Finanzplan sind hierfür weitere Investitionen von rund 4,5 Millionen Euro vorgesehen.
  • Weitere Investitionen sichern Qualität und Sicherheit unserer Spielplätze (30.000 Euro), die Parkraumbewirtschaftung am Heidesee (50.000 Euro) und unsere Beteiligung am Klärwerk Bruchsal (249.000 Euro).

Mittelfristig müssen sukzessive unsere Straßen saniert werden. Dabei orientieren wir uns am aktuellen Straßenzustandsbericht und stimmen Maßnahmen eng mit anderen Projekten ab, wie der Glasfaserverlegung ab diesem Herbst, unserem Radwegekonzept und den Bordsteinabsenkungen.

Außerdem müssen wir in diesem Zusammenhang ebenfalls über den finalen Standort der Bushaltestelle am Burgweg sprechen und die inklusive Gestaltung unserer Bushaltestellen weiterverfolgen.

Demokratie stärken und die Gemeinschaft zusammenhalten

Forst ist ein klassisches Beispiel einer durchschnittlichen deutschen Kommune mit etwa 8.000 Einwohnerinnen und Einwohnern. Im Großen und Ganzen geht es den Bürgerinnen und Bürgern hier gut – es gibt alles, was man zum Leben braucht, und die Menschen in Forst sind freundlich.

Gleichzeitig müssen wir uns mit einer besorgniserregenden Entwicklung auseinandersetzen: Mehr als 20 Prozent der Wählerinnen und Wähler haben bei der Bundestagswahl eine Partei gewählt, die in Teilen rechtsextrem ist, vom Verfassungsschutz beobachtet wird und deren Kanzlerkandidatin mit populistischen Reden Wahlkampf gemacht hat. Das erschüttert uns persönlich – und es sollte uns als Rätinnen und Räte alarmieren.

Man könnte sich zurücklehnen und sagen, dass Bundespolitik nicht in unseren Zuständigkeitsbereich fällt oder dass das Wahlergebnis nichts mit unserer kommunalen Arbeit zu tun hätte. Doch das wäre fatal und fahrlässig. Denn es sind unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger, die so gewählt haben – und es ist unsere Gemeinschaft in Forst, die dadurch herausgefordert wird.

Wir können und müssen dem etwas entgegensetzen. Zum Beispiel durch aktives Erinnern: Indem wir uns mit unserer Geschichte auseinandersetzen und Stolpersteine verlegen, die an deportierte und ermordete Forsterinnen und Forster erinnern. Wir stärken den Zusammenhalt, indem wir offene und barrierearme Begegnungsangebote schaffen – von der Kirmes bis zum Dorffest des Jugendgemeinderats. Auch freiwillige Leistungen wie die Bücherei, die Unterstützung der Vereine oder der Heidesee tragen zu einem positiven Lebensgefühl bei und können Unzufriedenheit sowie Argwohn entgegenwirken.

Natürlich müssen wir in der Haushaltsplanung die Pflichtaufgaben der Kommune priorisieren. Doch wir dürfen die weichen Faktoren nicht übersehen – sie sind essenziell für unsere Gemeinschaft und für unsere Demokratie.

Fazit: Zustimmung mit klarem Arbeitsauftrag

Wir stimmen dem Haushalt für das Jahr 2025 zu. Nicht, weil er in jedem Punkt perfekt wäre, sondern weil er die entscheidenden strukturellen Weichen stellt, um unsere Gemeinde langfristig zukunftsfähig zu machen.

Gleichzeitig wollen wir deutlich betonen: Die Haushaltsplanung braucht künftig wieder eine klare Struktur und eine strategische Ausrichtung an unseren langfristigen Zielen. Die Haushaltsstrukturkommission sollte dringend wiederbelebt werden, damit sichergestellt ist, dass wir zielgerichtet und strategisch mit unseren begrenzten Mitteln umgehen. Die Finanzen unserer Gemeinde müssen wieder planbarer und nachhaltiger gestaltet werden.

Wir wollen in Forst nicht einfach nur verwalten, sondern aktiv gestalten. Dazu brauchen wir mehr als Zahlen und Tabellen. Wir brauchen den Mut, unbequeme Entscheidungen zu treffen, den Fokus auf unsere langfristigen Ziele nicht zu verlieren und einen echten Zusammenhalt im Gemeinderat und darüber hinaus. Nur gemeinsam, mit klarem Blick und entschlossenem Handeln, können wir sicherstellen, dass Forst auch in Zukunft lebenswert bleibt.

Lassen Sie uns diesen Weg entschlossen weitergehen – mit Weitsicht, Verantwortung und dem festen Willen, unsere gemeinsame Zukunft hier vor Ort aktiv zu gestalten. Denn nur als starke Gemeinschaft können wir die Herausforderungen meistern, die vor uns liegen, und Forst nachhaltig weiterentwickeln. Vielen Dank.

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Gemeinderat Forst (Baden)

Claudia Greulich und Dr. Sybille Klenzendorf