Gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken

Dr. Sybille Klenzendorf, Mareike Blümle und Claudia Greulich nach der Haushaltsverabschiedung im Gemeinderat.

Haushaltsrede 2024

Stellungnahme der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Gemeinderat Forst (Baden) zum Haushalt 2024

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Killinger,
sehr geehrte Damen und Herren der Verwaltung,
sehr geehrte Ratsfrauen und Ratsherren,
liebe Forster Bürgerinnen und Bürger,

Einleitung

vor vier Jahren, stand ich an dieser Stelle und habe die erste Haushaltsrede stellvertretend für unsere Fraktion gehalten, eine für uns damals sehr bedeutungsvolle Premiere – damals unter der Überschrift: „Klimaschutz vorantreiben“.

Nun, vier Jahre später stehe ich wieder hier, mit einer weiteren Premiere – für uns GRÜNE geht die erste, aus unserer Sicht sehr erfolgreiche, Legislatur im Forster Gemeinderat zu Ende – und hoffentlich, mit Blick auf die diesjährigen Kommunalwahlen, gehen wir vielleicht   gemeinsam in eine weitere Legislatur.

Daher möchte ich die Haushaltsrede in diesem Jahr auch dazu nutzen einen Rückblick auf die letzte Legislatur zu geben und darüber zu sprechen, welche Ziele wir uns als Fraktion gesetzt hatten und welche wesentlichen Entscheidungen uns nicht nur im aktuellen Haushaltsjahr, sondern auch in den darauffolgenden beschäftigen werden – monetär, aber auch gesellschaftlich.  

Wir möchten uns an dieser Stelle für die vertrauensvolle und wertschätzende Zusammenarbeit bei allen bedanken, die sich für die Interessen unserer Kommune einsetzen – bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung, bei Vereinen und Ehrenamt, bei unseren Ratskolleginnen und Ratskollegen und bei Ihnen liebe Forsterinnen und Forster für Ihr Vertrauen und ihr Mitwirken.

Starten möchten wir heute mit einem Rückblick. Was waren eigentlich unsere Ziele als wir uns bei Ihnen, liebe Bürgerinnen und Bürger, 2019 um Ihre Stimme und Ihr Vertrauen für den Forster Gemeinderat beworben haben?

  • Wir wollten dazu beitragen, dass bei unseren kommunalpolitischen Themen und Prozessen die Transparenz erhöht wird, so, dass Bürgerinnen und Bürger möglichst unkompliziert die Politik vor Ort mitgestalten können. 
  • Wir wollten uns dafür einsetzen, dass wir einen nachhaltigen Haushalt haben – also einen, der sowohl ökologisch als auch ökonomisch zukunftsfähig ist.
  • Wir wollten uns dafür einsetzen, dass das Klimaschutzteilkonzept von 2015 fortgeschrieben wird und in die Umsetzung kommt.
  • Wir wollten dazu beizutragen, dass Forst eine lebendige und bunte „Mitmach-Kommune“ wird bzw., dass Strukturen, welche bereits bestehen, aktiv bleiben können.

Gehen wir diese vier Bereiche einmal durch.

1. Transparenz und Partizipation

Wie wichtig uns diese beiden Punkte sind, sehen Sie schon beim Haushalt. Dass Sie auch in diesem Jahr den Haushalt schon begutachten konnten, bevor er beraten und in der Haushaltssitzung beschlossen wird, wurde maßgeblich von unserer Fraktion angeschoben. Wir waren der Meinung, dass man sich nur ein Bild darüber machen kann, wie es um die Kommune steht, wenn man auch die Faktenlage dazu kennt. Wir sind froh, dass sich diesem Vorgehen die Verwaltung und die anderen Fraktionen anschließen konnten und der Haushalt nun im dritten Jahr öffentlich eingebracht wurde bevor er in die vielzähligen Beratungen geht, um dann in öffentlicher Sitzung, wie heute, öffentlich beschlossen zu werden. 

Wir informieren regelmäßig im Mitteilungsblatt und den sozialen Medien über anstehende Entscheidungen, laden ein, zu den öffentlichen Sitzungen zu kommen – haben uns aber auch stark dafür eingesetzt, dass sowohl die Unterlagen der öffentlichen Gemeinderatssitzungen als künftig auch die zugehörigen Protokolle online im Bürgerinformationssystem für Sie alle zugänglich sind.

Wir als GRÜNE Fraktion werden uns weiterhin dafür einsetzen, Sie bei allen kommunalpolitischen Themen mitzunehmen.

2. Nachhaltige Haushaltslage

Schauen wir uns aber den Haushalt einmal inhaltlich an, so sehen wir: Nachhaltig ist er leider noch lange nicht. Konkret hat unser Haushalt noch immer strukturelle Defizite. Das Problem liegt im Ergebnishaushalt, unsere ordentlichen Aufwendungen von rund 26,3 Millionen Euro übersteigen unsere ordentlichen Erträge von rund 23,2 Millionen Euro. Unsere Einnahmen decken nicht unsere Ausgaben im laufenden Haushaltsjahr – und Werteverbräuche werden nicht erwirtschaftet. Dies führt uns in diesem Jahr zu einem Haushaltsdefizit von rund 3 Millionen Euro.

Jetzt können wir uns natürlich, aus der Erfahrung der letzten Jahre, zurücklehnen und hoffen, dass wir mal wieder im Jahresergebnis im Plus landen nach dem Motto „So schlimm wird’s schon nicht sein.“

Dass wir aber die letzten Jahre immer im Plus gelandet sind, hatte im Wesentlichen den Grund, dass wir vieles, was wir uns für das Haushaltsjahr vorgenommen hatten und dafür Geld eingeplant hatten schlicht nicht umgesetzt haben. Vor allem im Bereich unserer Infrastruktur leben wir hier auf Kosten unserer künftigen Generationen.

Wenn wir aber bei wichtigen Dingen, wie beispielsweise die Investitionen in unsere Energie- und Wärmeversorgung nicht endlich vorankommen, hat das negative Auswirkungen auf spätere Generationen, auf der finanziellen Seite aber auch hinsichtlich unserer Klimaziele.

Zwei Umstände machen es uns dabei nicht leichter. Einerseits werden uns unsere Einnahmen dabei nicht viel helfen – sowohl höhere Einkommenssteuern als auch Gewerbesteuern sind in den nächsten Jahren nicht zu erwarten. Andererseits steigen unsere Personalkosten immer weiter, durch höhere Tarifabschlüsse, aber auch, weil wir an vielen Stellen dringenden Bedarf haben.

Wir müssen also mit unseren uns zur Verfügung stehenden Ressourcen nachhaltig umgehen und uns darauf fokussieren, die richtigen Dinge zeitnah zu tun. Dinge, die dazu beitragen hier langfristig gut leben zu können. Wir haben daher als GRÜNE Fraktion in diesem Jahr keine zusätzlichen Haushaltsanträge gestellt, sondern möchten uns dafür einsetzen, dass wir die Dinge, die wir in den vorangehenden Haushaltsjahren geplant haben, nun endlich umsetzen.

3. Klimaschutz

Diese Perspektive zeigt sich insbesondere bei meinem dritten Thema für heute, dem Klimaschutz. Schauen wir auch da einmal zurück.

Unsere kommunale Wärmeplanung war ein wichtiges Thema in dieser Legislatur. Das Klimaschutzgesetz des Landes verpflichtet uns dazu, sie für Forst zu erstellen. Wir wollen und müssen bis 2040 unsere Wärmeversorgung klimaneutral gestalten.

Wir haben im Zuge der Energie- und Wärmeplanung für das Bauvorhaben der Volksbank und der Erweiterung des Seniorenheims in der Bruchsaler Straße uns gemeinsam dafür entschieden „größer“ zu denken. Nicht nur auf die einzelne Baumaßnahme zu schauen, sondern zu überlegen, welche größere Wärmeverbraucher könnte man denn an dieser Stelle zusammendenken und wäre es denn nicht möglich mehrere Gebäude durch ein gemeinsames Nahwärmenetz zu versorgen. Mit einem interfraktionellen Antrag zum Haushalt 2020 haben wir damals die Mittel bereitgestellt, uns durch die Umwelt- und Energieagentur Karlsruhe u.a. zu diesem Vorhaben beraten und begleiten zu lassen.

Wir waren mit diesem Projekt in den Endzügen der Vorberatungen, als im Frühjahr 2022 der Krieg in der Ukraine uns alle darüber hat nachdenken lassen, wie eine nachhaltige und unabhängige Wärme- und Energieversorgung gelingen kann. Heute ist dieses Nahwärmenetz beschlossen und befindet sich bereits in einer ersten Umsetzungsplanung.

Genauso freuen wir uns, das Sanierungskonzept Schwanenstraße mit auf den Weg gebracht zu haben und nun an die Umsetzung zu gehen. Dies gibt uns viele Möglichkeiten für energiesparende Sanierungsmaßnahmen – aber auch zu einer zukunftsfähigen Gestaltung unseres Ortskerns. Auch bei diesem Projekt wurden wir von der Umwelt- und Energieagentur Karlsruhe begleitet, die uns nun im vierten Jahr als verlässlicher und kompetenter Partner zur Seite steht – Vielen Dank dafür!

Nachdem in Forst zu Beginn unserer Legislatur nur ca. 12% unserer Dächer mit Photovoltaik belegt waren und unsere Kommune damit im Landkreisvergleich auf den hinteren Plätzen lag, hatten wir uns zum Ziel gesetzt, hier größere Fortschritte zu machen. Im Jahr 2022 haben wir gemeinschaftlich den Beschluss gefasst alle kommunalen Dächer mit Photovoltaik auszugestalten. Wir wollten damit die kommunale Energieversorgung unabhängig und nachhaltig gestalten und gleichzeitig die damit verbundenen bislang sehr hohen kommunalen Energiekosten senken – wir wollten aber bei diesem Vorhaben auch unsere Bürgerinnen und Bürger „mitnehmen“. Deshalb haben wir uns dazu entschieden, dieses Vorhaben nicht im kommunalen Eigenbetrieb umzusetzen, sondern mit der Beteiligung an einer Bürgerenergiegenossenschaft – nun kann sich jede und jeder in Forst an der kommunalen Energiewende beteiligen!

4. Bunte, lebendige und solidarische Kommune

Wie können wir sicherstellen, dass Forst auch in Zukunft eine bunte, lebendige und solidarische Kommune bleibt, in der viele Menschen ihr Zuhause finden?

Ein wichtiger Punkt dafür ist, dass jeder Mensch ein Zuhause hat, in dem er sich wohl und sicher fühlt. Deshalb setzen wir uns für bezahlbaren Wohnraum ein. Wir wollen, dass Forst eine lebenswerte Kommune bleibt, in der jeder seinen Platz findet. Wir wissen aber auch, dass bezahlbarer Wohnraum nicht vom Himmel fällt, sondern geschaffen werden muss. Deshalb werden wir uns nicht damit zufriedengeben, dass kommunale Immobilien einfach verkauft werden, ohne dass vorher gründlich geprüft wird, ob sie nicht saniert, gefördert oder anders genutzt werden können. Wir wollen nicht, dass der Haushalt auf Kosten der Zukunft aufgehübscht wird, und wir dann keine Möglichkeiten mehr haben, z.B. für sozialen Wohnungsbau oder die Unterstützung von Obdachlosen. Wir wollen, dass die kommunalen Immobilien im Sinne der Bürgerinnen und Bürger verwaltet werden, und nicht im Sinne von Spekulanten oder Investoren.

Wir als GRÜNE Fraktion werden uns weiterhin für bezahlbaren Wohnraum einsetzen und uns weiterhin für eine transparente, soziale und solidarische Wohnkultur einsetzen.

In ganz besonderer Weise gilt dieser Punkt auch für diejenigen, die in den letzten Jahren auf Grund der vielen Kriege in der Welt ihr Zuhause verloren haben. Wir sind sehr dankbar für die große Hilfsbereitschaft, die die Forster Bürgerinnen und Bürger bspw. seit vielen Jahren für Geflüchtete aus aller Welt gezeigt haben. Sie haben nicht nur Wohnraum zur Verfügung gestellt, sondern auch Freundschaft und Unterstützung angeboten. Sie haben damit ein Zeichen für Menschlichkeit und Mitgefühl gesetzt.

Das schaffen wir nicht allein und möchten uns daher bei allen bedanken, die sich um die Integration von Schutzsuchenden aus aller Welt einsetzen. Sie alle tragen dazu bei, dass Forst ein Ort ist, an dem sich jeder willkommen und zu Hause fühlen kann.

Wenn es daher eine Überschrift gibt, unter die ich diese Haushaltrede stellen würde, ist es „Gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken.“ Denn bei diesem Thema geht es um noch mehr als Fragen von Wohnraum, geht es um mehr als nur um Forst.

Die weltpolitischen Ereignisse der letzten Jahre und in der jüngsten Vergangenheit stellen unser aller Verständnis von Frieden, Sicherheit und Zusammenhalt auf die Probe – auch in Forst. Die Aufdeckungen der Correctiv-Redaktion Anfang Januar waren ein erschreckender Aufrüttler für alle Freundinnen und Freunde der Demokratie. Es geht um Pläne, Menschen zu deportieren, die nicht in das Bild der rechtsextremen Kräfte passen – Umsturzfantasien, die mit unserer freiheitlich-demokratische Grundordnung nicht vereinbar sind. Es läuft uns eiskalt den Rücken runter, wenn wir so etwas lesen. Auch die Kommentare, die man im Internet zu diesem Thema finden kann, lassen uns erschrecken, weil sie nicht nur Gleichgültigkeit, sondern gar Zustimmung zeigen. Was ist da los? Das betrifft uns alle, wir müssen gemeinsam dagegenstehen.

In diesem Jahr sind nicht nur in drei ostdeutschen Bundesländern Wahlen, sondern auch bei uns. Kommunal-, Kreis- und Europawahl finden am 9. Juni statt. Es ist wichtig, dann auch wählen zu gehen, demokratische Parteien zu wählen und die eigene Stimme gegen Rechts zu erheben. Es ist vielleicht an der Zeit, einen Schritt weiterzugehen und selbst aktiv zu werden. Bei uns Grünen oder bei anderen demokratischen Parteien und Wählervereinigungen in Forst.

Wir sind 2019 als Grüne Fraktion angetreten, weil wir der Meinung waren, dass eine klare Haltung zu den Themen Klimaschutz und einer offenen Gesellschaft, auch parteipolitisch durch eine Fraktion im Forster Gemeinderat vertreten sein sollte. 

Diese Werte werden uns auch weitertragen und, wie bisher auch, in all unsere Beratungen und Entscheidungen einfließen – in diesen instabilen Zeiten mehr denn je.  Wir sind sehr dankbar, dass wir gemeinsam mit unseren Ratskolleginnen und -kollegen hier oft am gleichen Strang gezogen haben – wir haben, getragen durch ein sehr gutes Miteinander, viele gemeinsame Anträge formuliert, die zu guten Entscheidungen und Projekten für unsere Gemeinde geführt haben.

Gemeinsame Anträge deshalb, weil wir als kleinste Fraktion nur erfolgreich sein konnten in dem wir Brücken zu den anderen Fraktionen gebaut haben – versucht haben unsere Anliegen so zu formulieren, dass sie einen gemeinsamen Konsens widerspiegelten und damit auch mehrheitsfähig waren. Wir sind sehr stolz darauf, dass wir es geschafft haben auch als kleine Fraktion gute und positive Impulse für unseren Ort und unser Miteinander zu geben.

Liebe Forsterinnen und Forster, Frau Dr. Klenzendorf und ich sind sehr dankbar für die vergangene Legislaturperiode, in der wir Ihre Interessen im Gemeinderat vertreten durften. Wir sind zuversichtlich, dass wir viele Dinge angestoßen haben, die sich langfristig positiv auf eine nachhaltige Lebensqualität in Forst auswirken werden – und arbeiten daran, dass sich diese positive Zukunftsperspektive auch bald auf den Haushalt auswirken wird.

Wir wünschen uns aber auch von der Verwaltung für die Zukunft zwei Dinge:

  • die Fertigstellung unserer Eröffnungsbilanz und
  • eine realistischere Planung der einzelnen Mittelansätze.

Dass wir die letzten Jahre trotz einem geplanten Defizit stets positiv im Ergebnis abschließen konnten, lag unserer Meinung nach auch daran, dass in vielen Bereichen noch mit einem viel zu hohem Pufferansatz geplant wurde. Schaut man sich im Haushalt die Planansätze der letzten Jahre der einzelnen Produktgruppen im Vergleich zu den tatsächlichen Ergebnissen an – liegen Plan und Ergebnis sehr häufig sehr weit auseinander.

Beispielsweise wurde für das Jahr 2020 mit einem veranschlagten Gesamtergebnis von rund -3,9 Millionen Euro geplant – das Ergebnis in dem Jahr lag bei rund 812.000 Euro.

Im Jahr 2021 gingen wir von einem Defizit von rund 3,8 Millionen Euro aus, das Ergebnis lag bei rund 611.000 Euro.

Auch wenn uns das diesjährige Ergebnis zeigt, dass hier noch viel zu tun ist, stimmen wir dem Haushalt trotzdem zu, weil wir sicher sind, gemeinsam mit den anderen Fraktionen im demokratischen Austausch eine Wende erzielen zu können.

Wir danken ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Gemeinderat Forst (Baden), Claudia Greulich und Dr. Sybille Klenzendorf